Zur traditionellen Krippenfahrt, die in diesem Jahrzum 20. Mal stattfand, und dabei durchs östliche Emsland führte, lud nach
zweijähriger pandemiebedingter Corona-Zwangspause die Touristikinformation Meppen (TIM) am Samstag, den 7. Januar
2023 ein. Die Busfahrt mit Fahrer Herr Brümmer startete um 8.30 Uhr am Meppener Busbahnhof.
Quasi als Neustart nach einigen außergewöhnlichen Jahren, wo man schweren Herzens auf das liebgewonnene Angebot
verzichten musste, wurde die diesjährige Krippenfahrt unter der Leitung der hervorragend vorbereiteten Elisabeth Kässens
durchgeführt. Insgesamt 57 Mitfahrer*innen wurden von der Tourleiterin während der Fahrt mit vielen interessanten
Informationen und Dönkes zu den besuchten Orten und deren Krippen bestens versorgt. Unter anderem wurden am Tag
nach Heilig Drei König die Krippen der Gotteshäuser in Bückelte, Bawinkel, Dohren, Werlte und Vrees in ihrer vollen
Ausstattung besichtigt, da die Weisen aus dem Morgenland mit ihrem Gefolge nun das Gesamtbild der Krippen
komplettierten.
Zunächst wurde in dem etwa 4 Kilometer von Haselünne entfernten Bückelte die aus dem Jahr 1508 datierende,
spätgotische St. Antonius Kapelle in Augenschein genommen. Das Gotteshaus ist aufgrund seiner unverfälschten
Bausubstanz ein häufig besuchtes Baudenkmal und Ausflugsziel. 1963 entdeckte man Fresken, die aus der Entstehungszeit
der Kapelle stammen. Diese stellen ein vollständiges Beispiel einer spätgotischen Ausmalung einer Kirche im Emsland dar.
Neben einer sich vor dem Altar befindlichen Weihnachtskrippe neueren Datums, konnten die Teilnehmer*innen unter
anderem den im Stil des so genannten „Bauernbarock“ geschaffenen Hochaltar bewundern. Dessen Altarbild zeigt die
Anbetung der Hirten. Nach der Inschrift an seiner Rückseite wurde der Altar wahrscheinlich von elf Bückelter Familien im
Jahr 1733 gestiftet.
Weiter ging es zur neugotischen St. Alexanderkirche in Bawinkel. Sie wurde von 1904 bis 1906 an der als „“Flämische
Straße“ bekannten Hauptfernstraße,- die von den Niederlanden nach Norddeutschland führt-, als Nachfolgebau einer
mittelalterlichen Pfarrkirche errichtet. Bereits im Jahre 1325 ist erstmals eine eigenständige Pfarrei Bawinkel urkundlich
belegt. Auch das Patrozinium des Heiligen Alexander hängt mit dem alten Verkehrsweg zusammen. St. Alexander gilt
heute als eine der am besten und vollständigsten erhaltenen Kirchenräume des Historismus im Emsland. In der St.
Alexander -Kirche wurde die Gruppe herzlich vom emeritierten Diakon Franz-Georg Krummen begrüßt, der einiges über
die Geschichte und Ausstattung, sowie zur Krippengeschichte von St. Alexander zu berichten wusste. Ursprünglich besaß
die Krippe einen aus dem Material Gips bestehenden Figurenkanon, von dem nur noch die Schäfchen, das Kamel, Ochse
und Esel existieren, und die auch in die jetzige Krippe mit integriert sind. Teilweise wurden die alten Gipsfiguren durch
sogenannte Gliederfiguren mit beweglichen, hölzernen Gelenken ersetzt, deren prächtigen Gewänder von einer
Bawinkeler Näherin, -im plattdeutschen „Naister“ genannt-, angefertigt wurden. Der Krippenstall im Fachwerkstil wurde
von Lehrer Diekmann aus Groß Bawinkel gebaut. Die Krippe in Bawinkel wird bereits zum 2. Adventssonntag aufgebaut.
Dadurch kann in der St. Alexanderkirche mit den verschiedenen Figuren der zeitliche Ablauf der Adventszeit über Mariä
Verkündigung, Herbergssuche, Christi Geburt, Ankunft der Heiligen Drei Könige bis hin zur Flucht nach Ägypten szenisch
nachgestellt und verändert werden.
Die dritte Station der Krippenfahrt war Dohren, wo die Gruppe von Küsterin Änne Deyen und
Kirchenvorstandsvorsitzendem Bernd Vorholt empfangen wurden. Herr Vorholt berichtete über Historie sowie Interieur
der Kirche und über die Krippe.Vorgänger der St. Bernardus Kirche war eine 1766 aus Fachwerk erbaute „Capelle zu
Doren“, in der nur werktags zwei Messen gelesen wurden. Sonntags mussten die Dohrener nach Herzlake zur Kirche. Die
Kapelle befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Dohrener wünschten sich eine eigene Kirche, deren
Grundstein im Jahr 1901 gelegt wurde. Die Benediktion des einschiffigen, neugotischen Gotteshauses fand am 18.
Dezember 1902 statt. Geweiht wurde die Kirche erst am 20. Juni 1931 durch Bischof Wilhelm Berning. An Sonn- und
Feiertagen wurde der Gottesdienst zunächst von den Maristenpatres aus Meppen gefeiert. Der heilige Zisterzienser-Abt
Bernardus (Bernhard von Clairvaux, 1090–1153) als Kirchenpatron ist u. a. Patron der Landwirte und Imker, weshalb er zur
bäuerlich geprägten Umgebung am Rande des Hahnenmoors passt, wo sich Dohren befindet.
Oberhalb der, hölzernen, naturbelassenen, kunstvoll geschnitzten Krippe schwebt an der alten Kanzel der liebliche
Gloriaengel, über den vor einigen Jahren überarbeiteten Krippenstall emsländischen Bauart und verkündet die große
Freude. Von den Krippenfiguren ist nur bekannt, dass sie vor ca. 60 Jahren neu angeschafft wurden, nachdem die
Vorgängerkrippe (vermutlich eine Gipskrippe) vom damaligen Pfarrer an ein Gemeindemitglied verschenkt wurde. Nähere
Aufzeichnungen der Krippe sind leider nicht bekannt.
Nach einem deftigen Mittagessen im Gasthof Bienenkorb in Dohren, ging die Fahrt weiter zur St. Sixtus Kirche nach Werlte,
wo Pfarrer Josef Wilken die Krippenfreund*innen herzlich begrüßte, und viel über die bewegte Geschichte des Gotteshauses
und der Symbolik der Weihnachtskrippe zu erzählen hatte: Erstmals im Jahre 1100 urkundlich erwähnt, wurde 1344 eine
Kirche aus Findlingssteinen eingeweiht, die 1829 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde. Schon 1828 hatte Josef Niehaus mit
den Planungen für einen klassizistischen Neubau begonnen. Im Oktober 1832 fand die Kirchweihe statt. Um 1861 zeigten
sich schwere Schäden am Äußeren der Kirche. Von 1864 bis 1869 wurde das Gotteshaus nach Plänen von Johann Bernhard
Hensen im romanischen Stil umgestaltet. Anfang April 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, brannte die Kirche
nach Bombenbeschuss vollständig aus. 1947 wurde sie renoviert. Ältestes erhaltenes Ausstattungsstück ist
der romanische Taufstein aus Bentheimer Sandstein aus der Zeit um 1200. Ein Kruzifix aus der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts wird der Werkstatt des Thomas Simon Jöllemann zugeschrieben.
Beeindruckt zeigten sich die Teilnehmer*innen der Krippenfahrt von dem in der St. Sixtus Kirche befindlichen, sogenannten
„Werlter Mosaik“, welches Schwester Erentrud Trost, eine Benediktinerin aus dem Kloster Varensell bei Gütersloh, im Jahr
1979 geschaffen hat, und Szenen der Offenbarung des Johannes darstellt. Über 300.000 Steine wurden auf 300 Platten in
einer Stärke von 0,4 cm Klebemörtel verlegt. Diese bestehen aus über 20 verschiedene Natursteinsorten (aus Italien, Belgien
und Spanien), Smalten (eingefärbte Natursteine) und Keramik.
Die Krippe in St. Sixtus befindet sich im Altarraum, vor dem Zelebrationsaltar, und ist im Rahmen einer Wüstenlandschaft
mit Kakteen und Sand gestaltet. Als Umrandung dienen Torfsoden, und es gibt einen als sogenannte „Pütte“ gestalteten
Brunnen. So stellt Beides, neben weiteren vor Ort zu entdeckenden Details einen regionalen Bezug her. Besonders
interessant ist neben dem Standort in der Kirche die Gestaltung der Geburtsgrotte aus Baumwurzeln. Diese Wurzelkrippe
kann als Metapher gesehen werden: wie Wurzeln das Fundament eines Baumes sind, ist Christi Geburt das Fundament des
christlichen Glaubens. Nebenher plätschert leise ein kleiner Zimmerbrunnen, der hier die Quelle des Lebens symbolisiert.
Letzte Destination der diesjährigen Krippenfahrt war das „Golddorf Vrees“, mit seiner St. Nikolauskirche, die 1893/1894 in
reinem neugotischem Stil gebaut, und 1970 erweitert wurde. 1988 wurde eine Umpolung der Kirchenachse zum
neuen Hochaltar hin durchgeführt. Ein vom Bildhauer Georg Hörnschemeyer modern konzipiertes Kreuz, das im
Brennpunkt einer Parabel steht, gibt es auf der Welt nur dreimal: in Vrees, beim Bischof von Schweden und im Colegio
Arnaldo in Belo Horizonte, Brasilien.
Die Weihnachtskrippe in Vrees ist als sogenannte „Heimatkrippe“ rechts vom Zelebrationsaltar, beim Ambo aufgebaut. Hier
liegt das Jesuskind in einem emslandtypischen Schafstall. Auch wie an den bereits vorangegangenen hier vorgestellten
Geburtsszenen Jesu´ fanden sich auch an dieser Krippe zahlreiche versteckte Symbole, die es zu entdecken galt. Wie z.B.
eine junge Frau, die dem neugeborenen Jesus einen mit Äpfeln gefüllten Korb als Geschenk mitbringt als Hinweis
für den Sündenfall im Paradies. Ebenfalls steht in der Nikolauskirche Vrees eine kleine Brücke in der Landschaft, die in der
Krippensymbolik für den Übergang vom Alten zum Neuen Testament steht.
Nach der Besichtigung der Krippe in Vrees wurde eine Pause im Bürgerhaus Vrees eingelegt. Hier empfing der Vorsitzende
des Vreeser Heimatvereins, Alwin Wessels die Gäste. In einem informativen Vortrag berichtete er über Vrees und sein
Gemeindeleben. Nachdem sich die Gruppe bei Kaffee und frisch gebackenem Kucken gestärkt hatte, wurde die Heimfahrt
angetreten.
Alles in allem war es ein sehr gelungener, kurzweiliger Tag, an dem man an allen Orten sehr herzlich empfangen wurde und
wirklich viel Neues und Interessantes über die Ortschaften, deren Kirchen und weihnachtlichen Darstellungen der Geburt
Christi erfahren konnte. Jede Krippe hatte ihren individuellen künstlerischen Anspruch, der auch in der Art der Aufstellung
und Dekoration der Krippenlandschaft deutlich wurde. Darin waren sich alle Teilnehmer*innen einig! Elisabeth Kässens
kündigte dazu an, dass bereits Planungen für die im Januar 2024 stattfindende Krippenfahrt laufen. Diese soll dann ins
südliche Emsland, nämlich in den Lingener Raum führen. Wer jetzt Lust bekommen hat, selber die vorgestellten Krippen zu
erkunden, sollte sich beeilen! Am 02. Februar 2023 wird Maria Lichtmess, das Fest zur Darstellung des Herrn im Tempel, 40
Tage nach Weihnachten gefeiert. In vielen Gegenden Deutschlands ist Maria Lichtmess der Tag, an dem üblicherweise der
Weihnachtsschmuck wieder aus den Kirchen und Häusern entfernt wird. Näheres zur Dauer der Aufstellung der
Weihnachtskrippen kann man bei den jeweiligen Kirchengemeinden erfragen.
Artikel von Monika Sievert